Was ist Dehnung?

Dehnung ist eine relative Längenänderung eines Bauteils oder Struktur unter Belastung. Dies kann eine Verlängerung (Streckung) oder auch eine Verkürzung (Stauchung) sein. Dehnung kann durch aufgebrachte Kräfte oder Momente (mechanische Dehnung) auf eine Struktur entstehen aber auch durch Wärmeausdehnung bei Temperaturänderung. Bei der indirekten Kraftmessung mittels Dehnungssensoren wird die mechanische Dehnung ermittelt.

Wie wird Dehnung berechnet?

Die relative Längenänderung wird als Dehnung ε in [m/m] beschrieben und ist als Verhältnis einer absoluten Längenänderung Δ l zu einer Gesamtlänge l0 definiert. Die Dehnung ist dimensionslos. Das Formelzeichen für Dehnung ist ɛ. Da bei einer Bauteilüberwachung normalerweise kleine Dehnungen auftreten gibt man die Dehnung in [µm/m] an (1 µm = 10-6 m). Im Europäischen Raum werden Dehnungen vorwiegend in [µm/m] angegeben, im anglo-amerikanischen Raum eher in microstrain oder microepsilon [µɛ] . Wird ein Bauteil verlängert, spricht man von einer positiven Dehnung. Wenn das Bauteil gestaucht wird, ist die Dehnung negativ.
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Warum wird die Dehnung gemessen?

In den meisten Fällen wird Dehnung gemessen, um den Grad der Beanspruchung und somit der Spannungen eines Werkstoffs durch eine mechanische Belastung zu bestimmen. Durch die Messung der Dehnung kann man aber auch auf die Kraft schließen, welche die Dehnung verursacht hat. Somit bietet die Dehnungsmessung eine clevere Alternative für die Bestimmung von grossen Kräften. In einer Laborumgebung werden vielmals Dehnungsmessstreifen auf ein Bauteil aufgeklebt. In einer Serienfertigung ist es jedoch einfacher aufschraubbare Dehnungssensoren zu verwenden um konstante, qualitativ hochstehende Verhältnisse für die indirekte Kraftmessung zu schaffen.

Wie funktioniert Kraftmessung mit Dehnungssensoren?

Dehnungssensoren sind bei grossen Kraftbereichen und steifen Konstruktionen eine geeignete Alternative zu Kraftsensoren. Dehnungssensoren werden im Gegensatz zu Kraftsensoren nicht direkt im Kraftfluss montiert, sondern auf die Oberfläche des entsprechenden Bauteils aufgeschraubt. Durch die Belastung der Maschinenstruktur kommt es zu Verformungen. Mittels Dehnungssensoren lässt sich so durch die gemessene Oberflächendehnung einfach auf die einwirkende Kraft schliessen. Bei der indirekten Kraftmessung mittels Dehnungssensoren können grosse Kräfte mit einem kleinen Dehnungssensor kostenoptimiert ermittelt werden.
Nebst den aussen aufschraubbaren Dehnungssensoren gibt es auch Ausführungen, welche Dehnung in einer Bohrung abgreifen. Dies kann je nach Anlagenkonstruktion sinnvoll sein.

Kraftmessung – wann nutze ich einen Dehnungssensor und wann einen Kraftsensor?

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Welcher Sensor ist der richtige für Ihre Kraftmessung?

Wie kommt man von der Dehnung zur Kraft?

Jedes mit einer Kraft (F) belastete Bauteil erfährt eine bestimmte Dehnung (ε). Diese  Dehnung ist im linear elastischen Bereich immer abhängig vom E-Modul des Werkstoffs (E), dem Querschnitt (A) des Materials sowie der Kraft. Mit Hilfe dieser drei Parameter lässt sich die Dehnung wie folgt berechnen:
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über die Gleichung
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Mit dieser Gleichung lässt sich auch einfach auf die entsprechende Bauteilspannung schliessen. Diese Berechnungen basieren auf dem Hookeschen Gesetz. Das Hookesche Gesetz, in seiner einfachsten Form, bestimmt die direkte Proportionalität von Dehnung ε [m/m] und Beanspruchung σ [N/mm2] eines bestimmten Werkstoffs anhand seines Elastizitätsmoduls E [N/mm2].

Die mechanische Auslegung und Materialwahl im Bauteil erfolgt aufgrund der auftretenden mechanischen Spannungen. Bei Stählen mit tiefer Festigkeit sind tiefere Spannungen und dadurch Dehnungen zugelassen. Bei hochfesten Stählen sind höhere Spannungen und Dehnungen erlaubt. 
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Die Dehnungssensoren haben verschiedene Messbereiche, welche die zu erwartenden Dehnungen abdecken.

E – Modul

Die erfahrene Dehnung eines Bauteils ist neben der Geometrie und der Kraft auch immer vom Material des Bauteils abhängig. Der entscheidende Kennwert ist das E-Modul (Elastizitätsmodul). Er beschreibt den proportionalen Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung bei der Verformung eines festen Körpers im linear elastischen Bereich. Dabei gilt je steifer ein Material ist, desto höher auch sein E-Modul. Das E-Modul für den bei Dehnungssensoren gängigen Vergütungsstahl liegt bei E = 210'000 N/mm2.
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Das E-Modul von Aluminium liegt bei ca. 70’000 N/mm2, das E-Modul von Hartgummi bei 5 N/mm2.

Beispielrechnung: über Dehnung zur Kraft

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Gemessene Dehnung am Dehnungssensor: 240 µm/m

Stahlstabbreite 20 mm x 20 mm --> Querschnitt A = 20 mm x 20 mm = 400 mm2
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F= 400 mm2 x 210’000 N/mm2 x 240 x 10-6 m/m = 20160 N

Wie funktioniert ein Dehnungssensor?

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Die Verarbeitung der mechanischen Grösse Kraft zum elektrischen Signal erfolgt bei DMS-basierten Dehnungssensoren in vier Schritten. Ausgangspunkt ist ein Bauteil welches durch eine Krafteinwirkung eine Verformung erfährt. Diese Verformung wird durch die kraftschlüssige Verbindung an den Dehnungssensor übertragen. Der Dehnungssensor wiederum hat einen Federkörper aus Vergütungsstahl, auf dem durch äussere Belastungen Dehnungen an der Materialoberfläche entstehen. Mittels auf der Oberfläche des Federkörpers applizierten Dehnungsmessstreifen wird diese Dehnung abgegriffen. Die DMS wandeln dabei die mechanische Dehnung in eine elektrische Widerstandsänderung um und wirken als mechanisch-elektrischer Konverter. Durch diese Widerstandänderung erzeugen sie eine der Dehnung proportionale Spannungsänderung. Mit Hilfe der intelligenten Verschaltung der einzelnen DMS zu einer Wheatstone’schen Messbrücke können so selbst kleinste Dehnungen erfasst werden.​​​​​​​
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Wie funktioniert ein DMS - Mechanoelectrical converter?

Dehnungsmesstreifen sind das Kernstück von Baumer Kraft- und Dehnungssensoren und dienen der Erfassung von Dehnungen an der Materialoberfläche. Sie bestehen in der Regel aus einer Trägerfolie (Polyimid), einem mäanderförmigen Messgitter aus Konstantan und einer Deckschicht. Die DMS wandeln die mechanische Dehnung in eine elektrische Widerstandsänderung um und wirken als mechanisch-elektrischer Konverter. Die Widerstandsänderung der DMS erfolgt proportional und wird als k-Faktor bezeichnet. 

Bauformen
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Metallische Dehnmessstreifen für den Aufnehmerbau gibt es in diversen Bauformen. Neben den typischen Linear-DMS, sind T-Rosetten-DMS, Rosetten-DMS und Scher-DMS weitere typische Bauformen:
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Was ist eine Wheatstone’sche Brückenschaltung?

Die Wheatstone’sche Brückenschaltung ist eine spezielle Verschaltung von elektrischen Widerständen, mit deren Hilfe die genaue Messung elektrischer Widerstandsänderungen möglich ist. Bei der im Sensorbau angewendeten Vollbrückenschaltung werden immer vier DMS in einer bestimmten Anordnung miteinander verschalten. Die Brückenschaltung besteht aus zwei parallel geschalteten Spannungsteilern, die mit einer gemeinsamen Spannungsquelle mit der Brückenspeisung UB versorgt werden.
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Mit Hilfe der Wheatstone’schen Brückenschaltung können kleinste Widerstandsänderungen präzise erfasst werden. Die Änderungen der einzelnen Widerstände führt zu einer Brückenverstimmung UA, die einfach gemessen werden kann. Das Messsignal der Brücke verhält sich dabei ratiometrisch und ist proportional zur Speisespannung. Das typische Messsignal von DMS Dehnungssensoren liegt zwischen 0.4…3.0 mV/V.

Sind Dehnungssensoren dauerfest?

Mechanisch sind Baumer Dehnungssensoren dauerfest für mindestens 10 Mio. Zyklen auf +/- den gesamten Dehnungsbereich (z.B. +/- 500 µm/m) ausgelegt. Dadurch können Prozesse mit einer hohen Anzahl Zyklen und Belastungen in positiver und negativer Richtung überwacht werden. 

Welche Grundtypen von Dehnungssensoren gibt es?

Das Baumer Produktportfolio der Dehnungssensoren bieten nahezu unbegrenzte Einsatzmöglichkeiten. Es gibt Dehnungssensoren für begrenzte Platzverhältnisse, normale Industrieanwendungen und auch für raue Aussenanwendungen. 
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